Munger sollte Recht behalten

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Als Warren Buffetts brillanter Partner Charlie Munger einst darum gebeten wurde, ihren gemeinsamen Anlageansatz zu beschreiben, formulierte er den berühmten Ausspruch er sei «einfach, aber nicht leicht». Nach fast 40 Jahren Anlageerfahrung habe ich die Weisheit, die in Mungers Äusserung liegt, noch mehr zu schätzen gelernt. Als ich in den frühen 1980er-Jahren meine Laufbahn in der Vermögensverwaltungsbranche antrat und die Schriften Buffetts entdeckte, fühlte es sich beinahe so an, als wäre ich über den Heiligen Gral gestolpert. Buffetts Idee, qualitativ hochwertige Unternehmen zu Preisen zu kaufen, die deutlich unter ihrem intrinsischen Wert liegen, erschien mir logisch und auch intellektuell ansprechend, da sie implizierte, dass es möglich sei, den «wahren» absoluten Wert eines Wertpapiers zu bestimmen. So konnte man tatsächlich investieren, anstatt bloss zu spekulieren.

Viele Jahre später habe ich so meine Zweifel, wenn Anleger behaupten, den intrinsischen Wert der grossen Anzahl von Titeln in ihren Portfolios zu kennen. Der Begriff «intrinsischer Wert» wird heute derart unbedacht verwendet. Vielleicht bin ich auch abgestumpft und zynisch geworden, doch eines ist mir nach Untersuchung Tausender von Unternehmen klar geworden: Die Ermittlung des «wahren» Wertes eines Unternehmens ist mit vielen Herausforderungen verbunden.

Nichtsdestoweniger gilt es nach wie vor, diesen Wert zu «packen». Ob dies allerdings angesichts der immer höher strebenden Märkte realistisch ist, sei dahingestellt . Die folgenden acht Punkte umreissen nur einige dieser intellektuellen Herausforderungen im Hinblick auf die Bewertung.

  1. Im Einführungskurs Finanzen klang alles noch so einfach: Der Wert einer Anlage ist der Barwert künftiger Cashflows, die über die Jahre anfallen. Nun kann die Lebensdauer einer finanziellen Anlage aber ziemlich lang sein, und die meisten Anleger können sicherlich keine genauen Prognosen über einen so langen Zeitraum aufstellen. Besonders unter Berücksichtigung des aktuellen Entwicklungstempos gestaltet sich die Berechnung als schwierig.
  2. Vernünftige Anleger wagen in aller Regel keine Prognosen über einen kurzen bis mittelfristigen Zeitraum hinaus, da die «Sicherheit» bezüglich der Geschäftsaussichten eines Unternehmens meist nicht weiter reicht. Um die erwartete Entwicklung eines Unternehmens über den mittelfristigen Zeithorizont hinaus darstellen zu können, wenden Anleger häufig ein Vielfaches auf die langfristigsten Prognosen des Gewinns je Aktie eines Unternehmens an. Auf diese Weise soll das künftige Wachstum in den weiter entfernten Jahren berücksichtigt werden. Obwohl diese von den Anlegern angewendete Kennzahl häufig einleuchtet und typischerweise auf der historischen Entwicklung der jeweiligen Aktie basieren, kann sie nicht exakt festgelegt werden und beinhaltet stets ein gewisses subjektives Element.
  3. Sogenannte «Bottom up»-Anleger wie Buffett und wir selbst, die den Fokus auf die Vorzüge jedes einzelnen analysierten Wertpapiers legen, beabsichtigen, makroökonomische Faktoren nicht in die Analyse einfliessen zu lassen. Hauptgrund dafür ist, dass das wirtschaftliche Umfeld unserer Auffassung nach zu unbeständig ist, um zuverlässige Vorhersagen zuzulassen. Viele Bottom-up-Anleger stellen in diesem Zusammenhang häufig die zynische Frage: «Haben Sie jemals einen reichen Ökonomen gesehen?» Das Makroumfeld mag schwer vorhersehbar sein, aber es ist dennoch wichtig.

    Wir müssen nicht nur durch Boom-Bust-Zyklen navigieren. Sie lassen sich überstehen, indem wir einige hochwertigere Unternehmen, die die meisten Stürme überdauern können, kaufen und halten. Eine weitere Herausforderung sind die wilden Schwankungen der Zinssätze, die häufig von den ähnlich unvorhersehbaren politischen Entscheidungen der amerikanischen Notenbank bestimmt werden. Sie können grosse Auswirkungen auf die Diskontierungssätze haben, die wir zur Ableitung des Barwertes künftiger Cashflows verwenden. Als ich während der Ära vor dem US-Fed-Vorsitzenden Paul Volcker an der Wall Street zu arbeiten begann, lag das Kurs-Gewinn-Verhältnis im einstelligen Bereich, da Inflation und Zinsen sich im zweistelligen Bereich bewegten (siehe Grafik 1). Heute stehen wir natürlich vor einer umgekehrten Situation: Die Zinsen liegen fast bei Null und die Aktienmultiples sind viel höher. Ist es bei unserem Blick in die noch Jahre entfernte Zukunft vernünftig, die Cashflows eines Unternehmens mit den gegenwärtig extrem niedrigen Zinssätzen abzuzinsen und davon auszugehen, dass diese noch über lange Zeit bestehen bleiben werden? Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse haben bereits stark vom langfristigen Rückgang der Zinssätze profitiert, der seit den 1980er-Jahren anhält. Ist es möglich, dass eines Tages ein langfristiger Trend in die entgegengesetzte Richtung einsetzen wird? Selbst ein leichter Anstieg der Zinssätze könnte zur Folge haben, dass ein Aktienkurs eines Unternehmens plötzlich nicht mehr eine Unter-, sondern eine Überbewertung darstellt.
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    «Selbst ein leichter Anstieg der Zinssätze könnte zur Folge haben, dass ein Aktienkurs eines Unternehmens plötzlich nicht mehr eine Unter-, sondern eine Überbewertung darstellt.»

  4. Ich bin ein grosser Freund des Buffett’schen Ansatzes, Unternehmen mit «nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen» zu kaufen. Das Problem ist: die hat kaum ein Unternehmen! Das perfekte Beispiel eines Unternehmens mit einem solchen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil wäre das fiktive Pharmaunternehmen «C», das gerade ein Heilmittel für Covid-19 entwickelt hat und ein lebenslanges Monopolpatent für dieses Wundermedikament besitzt. Wenn es uns doch nur gelänge, eine Reihe solcher Firmen zu finden, die andere Anleger noch nicht entdeckt haben, sodass ihre Aktienkurse noch relativ günstig sind. Es ist schon schwer genug, ein Unternehmen mit einem wirklich grossen Wettbewerbsvorteil aufzuspüren, doch dieser muss auch noch nachhaltig sein. Er muss über lange Zeit, oder zumindest über die prognostizierte Cashflow-Periode, Bestand haben. Doch der Kapitalismus ist von starker Konkurrenz geprägt. Uns allen ist Joseph Schumpeters «schöpferische Zerstörung» ein Begriff. So viele bedeutende Unternehmen der Vergangenheit wie Kodak, GE und IBM, die zu ihrer Zeit nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu geniessen schienen, haben diese augenscheinlich eingebüsst. Ihre sinkenden Aktienkurse spiegeln die heutige Realität wider. Ich glaube, dass wir bei Vontobel mit unserem Schwerpunkt auf Anlagen in hochwertige Unternehmen in der Lage sind, eine recht ansehnliche Menge solcher Firmen mit angemessen grossen Wettbewerbsvorteilen zu kaufen (z. B. Google und Amazon). Doch die Bürde, sicherzustellen, dass diese Vorteile in unserem hart umkämpften kapitalistischen System auch weiter Bestand haben können, liegt bei uns als Anlegern.
  5. Je einfacher die Anlagethese, desto besser. Je mehr Variablen ins Spiel kommen, damit eine Anlagethese funktioniert, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass das gewünschte Ergebnis auch eintritt. Es ist allerdings nicht immer leicht, diese einfachen, unkomplizierten Anlagen zu finden. Beispielsweise passt Ford nicht zu unseren Anlageansatz. Doch wenn ein günstiges Anlageergebnis für die Ford-Aktie von einer einzigen Variable abhängen würde, beispielsweise von einer anhaltend soliden Konjunktur, und die Wahrscheinlichkeit für diese Entwicklung unserer Einschätzung nach 80% betrüge, läge auch die Wahrscheinlichkeit eines günstigen Anlageergebnisses beim Besitz von Ford-Aktien bei 80%. Wenn allerdings eine solide Konjunktur nicht ausreicht, sondern es zudem nötig ist, dass Ford ein neues Modell auf den Markt bringt (was unserer Einschätzung nach auch zu 80% wahrscheinlich wäre), beträgt die statistische Wahrscheinlichkeit für ein günstiges Anlageergebnis bei einer Investition in Ford-Aktien, das nun von zwei unabhängigen Variablen abhängt, nur noch 64%. Vergegenwärtigen Sie sich, wie viele Anlagen davon abhängen, dass mehr als eine Variable zutrifft, und bei wie vielen ein günstiges Anlageergebnis von zwei, drei oder mehr Variablen abhängt. Manchmal werden einfach nicht genügend Informationen offengelegt, die für eine fundierte Entscheidung erforderlich wären – ein Umstand, der in Schwellenländern häufiger vorkommt als in Industrieländern. In diesem Fall muss man sich bei Anlageentscheidungen mit wesentlichen «Unbekannten» abfinden.
  6. Auch der PMV oder «Private Market Value» – ein Konzept, das einige Anleger verfechten – stellt für unsere Herausforderungen keine perfekte Lösung dar. Dieses Konzept empfiehlt, ein Unternehmen durch einen Vergleich mit dem Preis, für den andere vergleichbare Unternehmen an den öffentlichen Märkten gehandelt werden, zu bewerten. Keine abwegige Idee, wäre es nicht so, dass Anleger dabei die Bewertung vergleichbarer Unternehmen der Weisheit und Effizienz der Aktienmärkte überlassen. Kommt es zu Marktblasen oder Abschwüngen, ist der Verweis auf die relative Bewertung anderer vergleichbarer Unternehmen wenig hilfreich.
  7. PMV, or private market value, a concept advocated by some investors, is not a perfect solution to our challenges either. This concept suggests valuing a company by referring to what other similar companies are selling for in the public markets. This is not an unreasonable idea except for the fact that you, the investor are “passing the buck” to the wisdom and efficiency of the stock market in valuing similar companies. In market bubbles or busts, alluding to the relative valuation of other similar companies is not so helpful.
  8. Ein weiterer Punkt, der sich mehr um den Wettbewerb als um die Herausforderungen der korrekten Unternehmensbewertung dreht, ist die Tatsache, dass heutzutage allen Anlegern die gleichen Daten zu exakt dem gleichen Zeitpunkt zur Verfügung stehen. Noch vor Jahren reiste Peter Lynch, der herausragende Portfoliomanager von Fidelity, 360 Tage im Jahr durch Amerika, um CEOs und CFOs zu treffen und die Daten Hunderter von Firmen zu sammeln. Sicherlich hatte er dadurch einen Informationsvorteil, durch den er die besuchten Unternehmen besser bewerten konnte. Ich bin nicht der einzige altgediente Anleger, der darauf hinweist, dass die Märkte heute viel härter umkämpft sind als noch vor 30 Jahren oder mehr. Das Licht des Wohlstands, das die Wall Street ausstrahlen kann, hat mehr und mehr talentierte und ehrgeizige Wettbewerber wie Motten angelockt.

Schliesslich möchte ich eine Anmerkung zur Portfoliokonstruktion machen, obwohl auch hier die Bewertung einzelner Aktien nicht direkt im Fokus steht. Fangen wir mit einer Frage an: Haben Sie von den beiden brillantesten Investoren der Welt, Buffett und Munger, schon jemals ein Satz zum Thema «Portfoliooptimierung» gehört? Ich jedenfalls nicht. Aber ich habe viele Worte der Anhänger der «Modern Portfolio Theory» (nicht zu verwechseln mit der Modern Monetary Theory!) von der Chicagoer Schule und ihren Aposteln vernommen, die auf das Konzept des «Beta» als Risikoindikator setzen. Beta ist natürlich ein Mass für die Volatilität einer Aktie im Vergleich zum Gesamtmarkt. Ohne an dieser Stelle allzu weit ausschweifen zu wollen, möchte ich nur anmerken, dass Buffett eine ganze Menge dazu zu sagen gehabt hat, warum das Beta als Risikoindikator ungeeignet ist. Ich bevorzuge Buffetts Definition von Risiko als «dauerhaften Kapitalverlust», und typische Ansätze sogenannter «Portfoliooptimierung», deren Anwendung wir bei anderen häufig beobachten können, tragen dieser angemesseneren Definition keinerlei Rechnung.

Ich könnte noch viele weitere Herausforderungen aufzählen, die mit dem «soliden Handwerk» verbunden sind, das heisst, mit dem Versuch, wirklich in Aktien zu investieren, deren Wert man mit grosser Sicherheit bestimmen kann. Doch da meine kleine Tirade bereits in vollem Gange ist, werde ich mich nun einigen der Herausforderungen zuwenden, die mit dem Geschäft des Anlagenmanagements verbunden sind und die Sache noch verworrener machen können.

Die meisten Institutionen, die Anlagefirmen Geld zur Verwaltung überlassen, haben bereits vorher eine Entscheidung bezüglich der Kapitalverteilung getroffen: Ihre Mittel sollen zu jeder Zeit so weit wie möglich in Aktien investiert werden. Damit ist von vornherein ausgeschlossen, dass der Vermögensverwalter bei einem Mangel an attraktiv bewerteten Aktien, die die Kriterien seines Anlageansatzes erfüllen, liquide Mittel als Restbestand verwenden kann. Während Vermögensblasen und in Zeiten stark erhöhter Aktienbewertungen kann das dazu führen, dass Investmentmanager den Druck verspüren, in die am wenigsten überbewerteten Titel investieren zu müssen, anstatt in die hochwertigsten unterbewerteten Titel anzulegen, die sie finden können. Als Buffett im aufgewühlten Aktienmarkt Ende der Sechzigerjahre nur wenig von Wert finden konnte, löste er seine Gesellschaft einfach auf und gab den Anlegern ihr Kapital zurück, anstatt sich auf ein solch törichtes Unterfangen einzulassen. Heutzutage würden die meisten institutionellen Anleger ihren Kunden ihr Kapital nur sehr widerwillig zurückgeben und damit auf ihre Gebühren verzichten, selbst wenn ein voll ausgeschöpfter Aktienmarkt die angestrebte Umsetzung ihres Anlageansatzes unmöglich machen würde. Ist es da verwunderlich, dass sich am Aktienmarkt Blasen bilden, wenn auf den Anlagemanagern ein so grosser Druck lastet, dieses Spiel mitzuspielen, bei dem es vornehmlich um relative Bewertungen geht?

«Die Erfahrung aus Tausenden früheren ‹Fallstudien›, die im Laufe der Jahre gesammelt wurde, spielt eine grosse Rolle.»

Anlagestile können über Jahre hinweg mal mehr, mal weniger gefragt sein. Studien haben ergeben, dass selbst Anleger mit bestmöglichem historischen Track Record viele Jahre in Folge wenig gefragt sein und unterdurchschnittlich abschneiden können. Da die Geduld der Kunden strapaziert wird und das verwaltete Vermögen zu schrumpfen beginnt, gerät der Anlagemanager zunehmend unter Druck. Der berühmte Investor Jeremy Grantham spricht in diesem Zusammenhang von «existenziellem Druck»: Die Furcht davor, gefeuert zu werden und ohne Job dazustehen. Dieser Druck verleitet den Manager dazu, aufzugeben und letztendlich seinen Anlagestil oder seine Bewertungsdisziplin nicht mehr konsequent zu verfolgen. Diesen Druck kann ich persönlich sehr gut nachvollziehen, hatte ich doch während der Dotcom-Blase 1999 keinerlei Engagement in Technologiewerten im US-Fonds – und das zu einer Zeit, als der Technologiesektor 40% der Marktkapitalisierung des S&P ausmachte. Selbst Buffett wurde auf der Titelseite der Zeitschrift Barron’s mit den Worten verspottet, er habe «den Verstand verloren». (Ein Déjà-vu? Einmal mehr wird Buffett vom «Champion» der Anhängerschaft der gebührenfreien Tradingplattform Robinhood, einem gewissen David Portnoy, verspottet. Dieser sagte kürzlich: «Es kann wohl niemand nachvollziehbar behaupten, dass Warren Buffett am Aktienmarkt besser sei, als ich es derzeit bin. Ich bin besser als er. Das ist eine Tatsache.» Wir werden noch sehen, wie das ausgehen wird!) In solchen Zeiten besteht die Verlockung, einfach mit dem Strom zu schwimmen und Abstriche an der eigenen Anlagedisziplin zu machen, denn man sagt sich den berühmten Satz: «Dieses Mal ist es anders.»

Dieser Punkt ist eine logische Konsequenz aus dem vorherigen: Man trifft nur selten auf einen wirklich langfristig orientierten Kunden (wobei wir zu unserem Glück nach jahrelanger «Partnersuche» inzwischen einige davon gefunden haben). Die meisten Kunden räumen einem Investmentmanager ein Zeitfenster von bestenfalls drei Jahren ein. Sollte nach dieser Zeit eine Underperformance anhalten, wird der Manager gefeuert und ersetzt. (Es hat eine gewisse Ironie, dass der Manager mit der schlechteren Performance, der sich wohl eher früher als später verbessern dürfte, sofern sein Ansatz nicht nachhaltig defizitär ist, durch einen derzeit noch erfolgreichen Manager ersetzt wird, bei dem es weniger wahrscheinlich ist, dass sein derzeitiger Erfolg ewig anhalten wird und es gut sein kann, dass er bald seine eigene Phase schlechterer Performance durchlaufen wird.) Doch Kunden müssen sich immerhin um die Sicherheit ihres eigenen Arbeitsplatzes sorgen, also muss etwas verändert werden. Allerdings besteht eine gewisse Diskrepanz zwischen dem langfristigen Zeithorizont des Anlagemanagers bei der Beurteilung der künftigen Geschäftsaussichten eines Unternehmens und dem weitaus kürzeren Zeithorizont des Kunden. Dies ist ein weiterer Faktor, der den Manager dazu verleiten könnte, Kompromisse bei seinem Anlagestil und den Bewertungen einzugehen – ganz einfach, um zu überleben und im Geschäft zu bleiben. Anders als die meisten professionellen Vermögensverwalter hat ein Anleger wie Buffett den Vorteil dauerhaft «gebundenen» Kapitals, mit dem er investieren kann. Daher gilt: Je geduldiger Anleger und Kunde sind, desto besser – egal, wie das Anlagevehikel strukturiert ist.

Fazit: Es mag nicht leicht sein, aber unmöglich ist es nicht

Aufgrund der zahlreichen genannten Faktoren wie unvorhersehbarer Makrophänomene und der Schwierigkeit, den «intrinsischen Wert» eines Wertpapiers genau zu bestimmen, wird das Anlegen häufig als eine Mischung aus Wissenschaft und Kunst bezeichnet. Es wurden Bücher zum Thema «Die Kunst des Anlegens» geschrieben, da letzten Endes jede Anlageentscheidung eine Bewertung ist. Obwohl die meisten Anlageansätze organisiert, logisch und systematisch vorgehen, kann das Endprodukt – die Kaufentscheidung – niemals die Ergebnissicherheit eines mathematischen Beweises gewährleisten. Entsprechend hat Buffett festgestellt, dass die Bewertung (der intrinsische Wert eines Wertpapiers) stets nur ein Näherungswert ist. Er rät Anlegern daher, innerhalb ihres «Kompetenzbereichs» zu bleiben und sich bei der Beurteilung der künftigen Aussichten eines Unternehmens genau bewusst zu sein, was hinreichend bekannt ist und was nicht. Unsere Tätigkeit zwingt uns in der Tat zur Demut.

Bei Vontobel verfügen wir über das nötige Rüstzeug, um uns auf dem häufig unübersichtlichen und unsicheren Anlageterrain mit den vielen verschiedenen Gegebenheiten und inhärenten Herausforderungen, wie im vorstehenden Text beschrieben, zurechtzufinden. Wir sind der Ansicht, einem vernünftigen Anlageparadigma zu folgen, das stark von unseren vielen Reisen zu Buffett und Munger nach Omaha im Laufe der Jahre geprägt ist. Unser Ansatz konzentriert sich auf hochwertigere Unternehmen mit besser vorhersehbaren Geschäftsmodellen und soliden Finanzdaten. So können wir besser einschätzen, wie ein Unternehmen sich langfristig entwickeln wird. Wir sind nicht so töricht, anzunehmen, dass wir Prognosen für die gesamte Lebensdauer eines Unternehmens treffen können, aber mindestens für die nächsten fünf Jahre unseres Anlagehorizonts.

Um uns derweil vor unbekannten Negativfaktoren zu schützen, berechnen wir die Fair Values unserer Aktien anhand einer konservativen Methode. So verwenden wir bei der Barwertberechnung beispielsweise einen weit oberhalb des Marktzinses liegenden Diskontierungssatz. (Im Gegensatz dazu scheinen die aggressivsten Aktienanleger von heute davon auszugehen, dass das derzeit extrem niedrige Zinsniveau unbegrenzt andauern wird. Sie begründen damit eine möglicherweise sehr hohe aktuelle Bewertung. Dadurch lassen sie sich auch dazu hinreissen, extrem langfristige Prognosen, mit denen Anleihenmanager nur schwer zurechtkommen, über ein völlig unbekanntes zukünftiges Zins- und Inflationsumfeld zu treffen.)

Wir verfügen über ein grosses Team fest angestellter Analysten und Portfoliomanager mit vielen Jahren Erfahrung in der Branche. Und da in dieser Branche jedes Anlageergebnis mit einer Beurteilung der Wahrscheinlichkeit verbunden ist, spielt die Erfahrung aus Tausenden früheren «Fallstudien», die im Laufe der Jahre gesammelt wurde, eine grosse Rolle. Zudem ist unser Team global aufgestellt und in der Lage, ähnliche Branchen über Grenzen hinweg zu analysieren und zu vergleichen. Während ich Herrn Munger also voll zustimme, dass eine solide Anlagenanalyse kein einfaches Unterfangen ist, ist sie nicht unmöglich und wir sind zuversichtlich, dass wir, ausgestattet mit den genannten Mitteln, eine gute Chance zur Wertschöpfung haben, indem wir tun, was möglich ist.

 

 

 

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