Biodiversität ist für eine starke und nachhaltige Weltwirtschaft wesentlich
Eine gesunde biologische Vielfalt und eine robuste Natur sind notwendig, um das Leben auf unserem Planeten zu erhalten. Nicht weniger bedeutend sind gesunde Ökosysteme und die Rolle der Natur, wenn es um die Förderung einer dynamischen und nachhaltigen Weltwirtschaft und einer stabilen geopolitischen Landschaft geht.
Auf wirtschaftlicher Ebene wird der Wert der Natur auf ca. 44 Billionen USD geschätzt. Das ist rund doppelt so viel wie das BIP der USA1 und fast die Hälfte des weltweiten BIP2. Auch die Biodiversität ist ein grundlegender Baustein für die Industrie und den Fertigungssektor. Jede Veränderung der Natur zieht Folgen für die Weltwirtschaft nach sich. Laut Weltbank entfällt fast ein Drittel des Reichtums der Länder mit niedrigem Einkommen auf ihr «Naturkapital». Zudem stellte das Weltwirtschaftsforum im Jahr 2020 fest, dass die grössten Volkswirtschaften die höchsten absoluten Beträge des BIP aus ihren naturabhängigen Sektoren erwirtschaften: China (2,7 Billionen USD), EU (2,4 Billionen USD) und die USA (2,1 Billionen USD), obwohl sie weniger direkt von Naturverlusten betroffen sind.3
Leider steht die Natur vor grossen Herausforderungen: Heute gelten nur noch 23 Prozent der Arten und 16 Prozent der Lebensräume, die unter die Naturschutzrichtlinien der EU fallen, als gesund.4 Laut UNO stehen wir am Rande einer «Naturapokalypse»5.
Nach und nach werden die Märkte und die Finanzwelt auf das Thema aufmerksam: So wurden in den letzten Jahren sowohl auf Unternehmens- als auch auf supranationaler Ebene eine Reihe von Initiativen geplant und umgesetzt. Diese zielen darauf ab, die Natur und die natürlichen Ressourcen, ohne die es keine funktionierende Wirtschaft oder Gesellschaft geben kann, zu erhalten.
Das Bewusstsein, dass wir es versäumt haben, die Natur als reales Wirtschaftsgut anzusehen, wächst. Es ist unumgänglich für Anleger, ihre Aufmerksamkeit darauf zu richten, welche Rolle die Natur in unseren Wirtschafts- und Finanzkonzepten spielt. Wir müssen überlegen, welchen Wert wir der Natur beimessen und welche Sprache wir verwenden, um diesen Wert auszudrücken. Lassen Sie uns einen Blick auf drei Begriffe werfen, die fester Bestandteil des Vokabulars aller Anleger sein sollten: Naturkapital, Naturverlust und Biodiversitätsverlust.
Als Naturkapital bezeichnen wir den weltweiten Bestand an natürlichen Ressourcen, zu denen die Geologie, Böden, Luft, Wasser und alle lebenden Organismen gehören. Wir sind einzeln und als menschliche Gemeinschaft auf die Natur angewiesen, die uns mit Lebensnotwendigkeiten wie Wasser, Nahrung, Energie und Rohstoffen versorgt. Auch unsere Gesundheit ist von der Natur abhängig. Direkt oder indirekt hat die Natur Einfluss auf jeden Aspekt unseres Lebens.
Auf gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Ebene ermöglichen uns die aus der Natur gewonnenen Ressourcen die Produktion und den Transport von Waren und Dienstleistungen. Wie gut Ökosysteme funktionieren, hat einen starken Einfluss auf die Finanzmärkte und die Wirtschaft. So kann die Übernutzung von Wäldern und Flüssen zu einem Rückgang der Verfügbarkeit von Holz oder zu einer Schädigung der Fischbestände führen. Von solchen Entwicklungen sind Unternehmen oder Länder, die auf diese Ressourcen angewiesen sind, betroffen. Es stellt sich die Frage, warum die Natur in der Vergangenheit von den Märkten vernachlässigt wurde, wenn ihre grosse Bedeutung doch auf der Hand liegt. Die Antwort liegt zum Teil in der fest verankerten Fehlannahme, viele natürliche Ressourcen, z. B. Süsswasser, seien unerschöpflich.
Die Natur steht derzeit vor vielen Herausforderungen. Ignorieren wir sie, könnte es sein, dass ein Leben, wie wir es heute führen, in Zukunft nicht mehr möglich ist.
Naturverlust bezeichnet die Verschlechterung der Böden und Ökosysteme der Erde und ist zu einem systemischen Risiko für die Weltwirtschaft geworden6. Der Begriff umfasst die Einbusse der biologischen Vielfalt, der Ökosystemleistungen, der Lebensräume und der natürlichen Ressourcen wie Süsswasser, Qualität der Luft, der Ozeane oder der Böden.
Die Erreichung ökologischer Kipppunkte könnte die natürlichen Prozesse und Systeme, innerhalb derer die Menschen zukünftiger Generationen gedeihen können, unumkehrbar verändern. Das Gleichgewicht dieser Systeme, die derzeit so stark belastet werden wie nie zuvor, ist für die Aufrechterhaltung der Stabilität und Widerstandsfähigkeit der Erde von entscheidender Bedeutung.7
Das Ausmass des menschlichen Einflusses infolge von Abholzung, Umweltverschmutzung oder Klimawandel ist immens. Der dadurch bedingte galoppierende Verlust der Artenvielfalt beeinträchtigt die Fähigkeit der Natur, sich zu erholen. Der Missbrauch des Naturkapitals durch den Menschen führt zu Bodenverschlechterung und einem Biodiversitätsverlust, der die Regenerationsfähigkeit der Natur übersteigt.
Viele Wissenschaftstreibende sprechen von einem sechsten Artensterben, das in erster Linie durch den Menschen verursacht wird.8
Biodiversität bezeichnet die Vielfalt des Lebens auf der Erde in all seinen Formen, von Genen und Bakterien bis hin zu ganzen Ökosystemen wie Wäldern oder Korallenriffen. Die heutige biologische Vielfalt auf unserer Erde, das Ergebnis von 4,5 Milliarden Jahren Evolution, wird zunehmend vom Menschen beeinflusst. Der jüngste Rückgang der biologischen Vielfalt ist auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen, darunter die rasant steigende, übermässige Ausbeutung natürlicher Ressourcen, Veränderungen der Meeres- und Bodennutzung, der Klimawandel und die Ausbreitung invasiver Arten.9 So können allein im letzten Jahrzehnt 26 Prozent des weltweiten Verlusts des Baumbestandes auf die monokulturelle Produktion von nur sieben landwirtschaftlichen Erzeugnissen zurückgeführt werden: Rindfleisch, Palmöl, Soja, Kakao, Gummi, Kaffee und Holzfasern.10
Obwohl die Biodiversität nur ein Bestandteil der Natur ist, spielt sie eine wesentliche Rolle für das gesamte Leben auf der Erde – zum Beispiel für die Qualität von Luft und Wasser. Daher ist sie untrennbar mit dem Zustand der Natur verbunden.
Das bedeutet, dass unsere Fähigkeit, die Risiken des Klimawandels zu mindern, direkt von der Widerstandsfähigkeit unserer Ökosysteme abhängt. So können naturbasierte Lösungen zur Bekämpfung des Klimawandels, wie das Pflanzen von Bäumen, nicht den vollen Nutzen der Kohlenstoffspeicherung bieten, wenn die Ökosysteme nicht gesund sind.11
Der Biodiversitätsverlust kann von einer Verringerung der Vielfalt auf genetischer Ebene bis hin zum Zusammenbruch ganzer Ökosysteme reichen. Diese Komplexität ist verantwortlich dafür, dass wir den Status der biologischen Vielfalt noch immer nicht gut messen können.
Gründe, warum die Biodiversität für Anleger im Jahr 2023 ins Rampenlicht rückte.
Rückgang von Süsswasserarten seit 1970.12
Rückgang der weltweiten Bestände von Säugetieren, Fischen, Vögeln, Reptilien und Amphibien seit 1970.13
Süsswasser macht weniger als 1 Prozent der Erdoberfläche aus.14
der weltweiten Nahrungsmittelproduktion hängt von Bienen und natürlicher Bestäubung ab.15
der Konflikte stehen Im Zusammenhang mit natürlichen Ressourcen.16
Kunst hat bei Vontobel einen besonderen Stellenwert. In unserer Sammlung finden sich Werke internationaler Kunstschaffender ab dem Entstehungsjahr 2000, die sich auf die Darstellung der Menschheit und unseres Handelns im Jetzt konzentrieren. Da wir von der Bedeutung der biologischen Vielfalt und der Natur für unsere Gesellschaft und Wirtschaft überzeugt sind, fördern wir Kunstschaffende, die dieses Thema in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen.
Erleben Sie Georgina Casparis, Leiterin und Kuratorin Art Vontobel, im Gespräch mit der renommierten Schweizer Kuratorin Mirjam Varadnis über Natur und Kunst und ihre Relevanz in unserer heutigen Welt.
In dieser speziellen Serie sprechen die Kunstschaffenden über ihre eigenen Werke.