Inverse Zinskurven erhöhen die Attraktivität von Anleihen mit kurzer Laufzeit

TwentyFour
Artikel 4 Minuten

Unserer Ansicht nach kann man das Jahr 2022 im Hinblick auf den Anleihemarkt abhaken. Ganz gleich, ob Anleger Staatsanleihen, erstklassige Unternehmensanleihen oder riskantere Hochzins-Anleihen hielten, in jedem Fall mussten sie einen schweren Schlag einstecken, als die weltweit stark gestiegenen Zinssätze zu einem Absturz der Anleihenkurse führte.

In den letzten Monaten des Jahres 2023 sieht die Lage jedoch ganz anders aus. Anleihen haben wieder Tritt gefasst, da die Renditen allgemein deutlich gestiegen sind und sich der Eindruck verstärkt, dass sich der Zinserhöhungszyklus der Zentralbank seinem Ende nähert.

Auch wenn die Anlagemöglichkeiten für Anleihen insgesamt derzeit relativ rosig sind, erscheinen einige Marktsegmente attraktiver als andere, wobei sich Anleihen mit kurzer Laufzeit als besonders interessant erweisen.

Inverse Zinskurven

Hauptgrund für diese Entwicklung ist, dass die Zinskurven weiterhin invers bleiben. Unter normalen Marktbedingungen sind die Renditen von Anleihen mit längerer Laufzeit höher als von Anleihen mit kürzerer Laufzeit – was logisch nachvollziehbar ist. Da es bei bis zur Fälligkeit gehaltenen Anleihen mit längerer Laufzeit auch länger dauert, bis sich die ursprüngliche Investition bezahlt macht, und sie mit einem höheren Risiko verbunden sind, sollten Anleger von höheren Renditen profitieren.

Unter den gegebenen Marktbedingungen, bei denen einjährige Anleihen eine höhere Rendite erzielen als solche mit Laufzeiten von 10 oder 30 Jahren, ist dies aber offensichtlich nicht der Fall. Grund für diese Umkehr ist die Erwartung, dass die Zentralbanken nach vielen Monaten aufeinanderfolgender Zinserhöhungen die Zinsen senken müssen, um eine möglicherweise harte Landung der Wirtschaft zu vermeiden. Dies sorgte unseres Erachtens für einen deutlichen Schub bei den Renditen von kurzfristigen Anleihen.

Im September hat die US-Notenbank Fed den Zinssatz unverändert belassen, diese Entscheidung folgte aber auf elf Leitzinserhöhungen zur Eindämmung der Inflation, wobei die letzte Zinserhöhung um 25 Basispunkte im Juli angekündigt wurde. Damit lag die Zielspanne für den US-Leitzins zwischen 5,25% und 5,50%.

In der Zwischenzeit hat die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, Ende September erklärt, dass die Fremdkapitalkosten zwar ihren Höchststand erreicht haben könnten, sie aber so lange hoch bleiben werden, bis die Inflation eingedämmt ist.

Mitte September erhöhte die EZB den Zinssatz um 25 Basispunkte auf 4% und somit auf das höchste Niveau in der Geschichte der Eurozone.

Die gegenwärtig flachen Zinskurven bedeuten, dass Anleihen mit langer Laufzeit im Grossen und Ganzen kein Mehr an Rendite abwerfen. Warum also ein höheres Kapitalrisiko eingehen, wenn man mit kurzfristigen Anleihen die gleiche Rendite erzielt?

Argumente für kurzfristige Unternehmensanleihen

Wir haben ermittelt, dass mit kurzfristigen Unternehmensanleihen noch höhere Renditen möglich sind – bei kurzer Laufzeit und einer hohen Kreditqualität können Investoren von sehr attraktiven Renditen mit geringem Kreditkapitalrisiko profitieren, selbst wenn wir auf eine globale Rezession zusteuern sollten.

Unsere Investment-Grade-Strategien sind auf stabile, risikobereinigte Renditen ausgerichtet und begrenzen daher das Anlageuniversum vorwiegend auf Wertpapiere mit höherer Qualität und geringerem Ausfallrisiko.

Und gerade jetzt werden kurzfristige Unternehmensanleihen noch attraktiver, da die derzeit flachen Zinskurven das implizieren, was im Fachjargon als maximierter «Breakeven» bezeichnet wird.

Ein besonderes Merkmal dieser flachen Zinskurven besteht darin, dass Investment-Grade-Kreditindizes mit unterschiedlichen Laufzeiten identische Renditen bieten, was sehr selten vorkommt.

Auch wenn die Rendite identisch ist, sind es die Laufzeiten aber eben nicht, was bedeutet, dass die entsprechende Breakeven-Rendite stark differiert. Die Breakeven-Rendite ist ein ganz einfaches Konzept: Es ist der Renditeanstieg, der erforderlich ist, um einen Kapitalverlust zu erleiden, der genau und umgekehrt der heutigen Rendite der betreffenden Anleihe (oder des Indexes/Portfolios) entspricht. Anders gesagt – in welchem Mass muss die Rendite steigen, um einen Kapitalverlust zu erhalten, der genau eine Jahresrendite ausgleicht?

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Quelle: TwentyFour, ICE/BAML; Stand 3. Oktober 2023. Nur zur Veranschaulichung. Bei Investitionen ist Kapital gefährdet. Indizes werden nicht aktiv verwaltet, es werden keine Gebühren oder Kosten berücksichtigt, und direkte Investitionen in einen Index sind nicht möglich.

Um diese Zahl zu ermitteln, wird die Rendite einfach durch die Duration geteilt. In den obigen Beispielen ist der Zähler weitgehend identisch, d. h. 6,08% bis 6,18%, aber die niedrigeren Nenner (Duration) der kurzfristigeren Anleihen bedeuten, dass der Breakeven-Punkt für den Index mit einer Laufzeit von 1 bis 3 Jahren bzw. 1 bis 5 Jahren weitaus höher liegt als beim Index für alle Laufzeiten.

Unter den gegenwärtigen Marktbedingungen heisst dies, dass der Breakeven-Schutz von 1-3-jährigen IG bei +330 Basispunkten liegt, was bedeutet, dass die Rendite dieses Indexes auf mehr als 8,8% steigen müsste, um über ein Zeitfenster von 12 Monaten eine negative Gesamtrendite zu erhalten. Bei den 1-5-jährigen IG ist die Breakeven-Rendite zwar niedriger, aber mit +235 Basispunkten immer noch attraktiv. Sie würde über die nächsten 12 Monate immer noch Schutz gegen steigende Renditen bieten, wobei die Gesamtrendite auf mehr als 7,8% wachsen müsste.

Die Breakeven-Rendite für den Index für alle Laufzeiten bietet nur einen Spielraum von +96 Basispunkten gegen steigende Renditen, was die Rendite auf 6,5% bringt. Diese +96 Basispunkte liegen in dem Bereich, in dem die Zinsen und Renditen in den nächsten 12 Monaten potenziell steigen könnten, was ein höheres Risiko einer Gesamtrendite von null oder sogar einer negativen Gesamtrendite impliziert, wenn die Renditen um mehr als +96 Basispunkte steigen.

Die Zahlen zeigen, dass Anleihen mit kürzeren Laufzeiten weitaus mehr Schutz gegen Volatilität und steigende Renditen bieten.

Alles in allem sind wir überzeugt, dass eine Kombination aus kurz gehaltenen Laufzeiten (zum besseren Schutz des Kapitals), dem Verbleib in IG-Anleihen (mit konsequent positiven risikobereinigten Renditen und geringem Ausfallrisiko) und Investitionen in das vordere Ende der Zinskurve (wo Erträge maximiert werden können) derzeit die erste Wahl ist.

 

 

 

 

 

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