Aus der Perspektive eines Beraters: Aktive Anlagen in EM
Asset management
Gründe für aktive Anlagen in EM – trotz des Trends hin zu passiven Strategien
Dr. Marc-André Göricke, Senior Consultant bei alpha portfolio advisors, liefert empirische Belege für die Vorteile eines aktiven Ansatzes für Emerging Markets und nennt konkrete Beispiele für aktive Strategien, die Anleger für ein Engagement in EM-Anlagen nutzen können.
Seine These lautet: Die Anlegerstimmung mag in den EM volatiler als in den Industrieländern sein, doch die langfristigen Anlagechancen bestehen unabhängig von den Schlagzeilen. Marktschwankungen können Chancen für erfahrene aktive Verwalter eröffnen, die den Wert einzelner Unternehmen oder Anleihen verstehen oder Kurse bei einer Entkoppelung von den Fundamentaldaten selektiv ausnutzen können.
Das fundamentale Gesetz des aktiven Managements – gilt es in den EM?
Vertreter passiver Anlagestrategien verweisen häufig auf die Markteffizienzhypothese1 der zufolge die Marktpreise alle verfügbaren Informationen widerspiegeln. Folglich hätte ein aktives Management keine Daseinsberechtigung, da die von einem Anlageverwalter erzielte Überschussrendite niedriger ist als die Gebühren, die er erhält. Wissenschaftliche Studien liefern indes empirische Belege dafür, dass nicht alle Kapitalmärkte jederzeit vollständig effizient sind und dass ein aktives Management in diesen Fällen einen Mehrwert schaffen kann. Die Treiber dieser Überschussrendite, auch als Alpha bezeichnet, werden von dem «fundamentalen Gesetz des aktiven Managements» erfasst.2
Wie Grafik 1 veranschaulicht, sollten die Anleger auf drei wesentliche Erfolgsfaktoren setzen:
- eine Anlageklasse mit hohem Wertschöpfungspotenzial aufgrund guter Prognosen, d. h. ein ineffizienter Markt
- eine hohe Anzahl von Prognoseobjekten, d. h. ein breites Indexuniversum
- ein hohes aktives Risiko, d. h. eine hohe Abweichung von der Benchmark, oft mit dem sogenannten «Tracking Error» gemessen
Welches Bild ergibt sich in diesem Zusammenhang für die EM?
EM-Aktien: aktuelle empirische Ergebnisse
Vor dem Hintergrund des fundamentalen Gesetzes führte alpha portfolio advisors, ein unabhängiges Beratungsunternehmen für institutionelle Anleger, zu Beginn des Jahres eine Untersuchung zum Alpha-Potenzial von Aktienstrategien durch.3
Die zugrunde liegenden Daten umfassten rund 3000 institutionelle Composites von Aktienstrategien auf Basis der Datenbank von eVestment. Zur Vermeidung eines Survivorship Bias wurden auch inaktive Strategien einbezogen. Der Datensatz deckt die Jahre 2006 bis 2019 ab und spiegelt Aktienstrategien aus den Bereichen globale EM, USA und Europa wider.
Eines der wichtigsten Ergebnisse der Analyse bestätigt das fundamentale Gesetz des aktiven Managements: Ein aktives Management in ineffizienten Marktsegmenten, in denen Manager ihre Fähigkeiten auf eine Vielzahl von Prognosegegenständen anwenden können, zahlt sich aus. Wie aus Grafik 2 hervorgeht, stellen die Emerging Markets und insbesondere Small Caps eine Anlageklasse dar, welche die Voraussetzungen für ein erfolgreiches aktives Management erfüllt. So zeigt die Studie mit hoher statistischer Signifikanz, dass im Bereich der globalen EM das durchschnittliche Alpha von Small-Cap-Strategien um 2.89% p. a. höher als das von Large-Cap-Strategien ist.
Darüber hinaus erläutert die Studie die für eine Outperformance verantwortlichen Faktoren. Sie stellt eine höhere Outperformance für Strategien mit geringerem Umfang fest. Dies erscheint intuitiv sinnvoll, da Strategien, die ihre Kapazitäten überschreiten, an ihre Grenzen stossen. Die Grösse des Unternehmens wirkt sich hingegen positiv auf die Outperformance aus. Offenbar verfügen grössere Unternehmen mit grösseren Analystenteams über bessere Ressourcen, um die Ineffizienzen einer Anlageklasse zu erkennen und die Zahl ihrer Prognosen zu erhöhen. Darüber hinaus hat sich gemäss dieser Analyse eine aktive Positionierung gelohnt, da eine Erhöhung des Tracking Error bei ansonsten gleichen Bedingungen zu einer höheren Outperformance des Managers geführt hat.
EM-Anleihen: Nischen für aktive Manager
Welches Bild ergibt sich nun bei Emerging-Markets-Anleihen? alpha portfolio advisors analysierte Strategien innerhalb der unternehmenseigenen Manager-Datenbank und stellte fest, dass der durchschnittliche Anlageverwalter im Zeitraum 2015 bis 2019 eine positive aktive Rendite lieferte. Wie Grafik 3 verdeutlicht, lag die aktive Rendite jedoch bei Emerging-Markets-Unternehmensanleihen und -Hartwährungsanleihen sogar über der von gemischten oder Lokalwährungsanleihen.
Diese Beobachtung bestätigt erneut den Leitgedanken hinter dem fundamentalen Gesetz: Unternehmensanleihen und Hartwährungsanleihen sind Anlageklassen, die mehr Prognosegegenstände bieten und potenziell mehr Ineffizienzen aufweisen als Lokalwährungsanleihen. So ist die Zahl der Länder in der Unternehmensanleihen-Benchmark dreimal höher als im Lokalwährungs-Benchmark, und die Zahl der Emittenten ist sogar achtmal höher. Zudem ist der Non-Investment-Grade-Anteil innerhalb der Unternehmensanleihen-Benchmark doppelt so hoch wie im Lokalwährungsindex, was auf ein reichhaltigeres Chancenangebot für Manager mit Bereitschaft zur Durchführung von Bottom-up-Research hindeutet.
Wie können Fixed-Income-Anleger Ineffizienzen nutzen?
Ein Beispiel für eine Chance auf Alpha-Generierung bei EM-Hartwährungsanleihen ist die in Grafik 4 dargestellte flache Renditekurve. Es scheint, als würden die Anleger derzeit für das Eingehen eines zusätzlichen Durationsrisikos nicht entschädigt, insbesondere im Durationsbucket von zehn Jahren und mehr, der einen bedeutenden Teil des Index darstellt. Neben anderen Faktoren ist jedoch auch die unterschiedliche Verteilung des Kreditratings zu berücksichtigen.
In einer solchen Situation scheint es für einen aktiven Manager vielversprechend zu sein, Anleihen aus dem mittleren Durationsbucket auszuwählen – und dies lässt sich mit einer einfachen passiven Umsetzung nicht erzielen.
Fazit: Wie können die Anleger profitieren?
Zwar sind viele Kapitalmärkte effizient und rechtfertigen somit eine günstige, passive Anlagestrategie, doch wo immer eine Anlageklasse ineffizient ist, sind aktive Manager im Vorteil. Genau dies ist bei den Emerging Markets der Fall, wie die von alpha portfolio advisors vorgelegten empirischen Nachweise und die Erfahrung des Unternehmens in der Praxis bestätigen.
Anleger, die ein Engagement in den Emerging Markets mit einem aktiven Manager planen, sollten den richtigen Partner auswählen – einen Partner, der auf der Ebene des Asset Managers über die erforderlichen Ressourcen verfügt und auf Ebene der Strategie die geeignete Grösse aufweist. Diesem Partner sollten sie ein ausreichendes Mass an Freiheit zum Eingehen aktiver Risiken lassen. Sicher gibt es weitere qualitative Eigenschaften wie die Person des Portfoliomanagers oder den Hintergrund und die Motivation des Analystenteams, die im Rahmen einer gründlichen Due Diligence zu beurteilen sind. Es gilt jedoch: Mit der richtigen Vorbereitung können Anleger ihre Erfolgschancen in den Emerging Markets im Vergleich zu einer passiven Indexlösung steigern.
1. Efficient capital markets: a review of theory and empirical work. Eugene Fama. The Journal of Finance 1970. 25 (2): 383–417. doi:10.1111/j.1540-6261.1970.tb00518.
2. The fundamental law of active management. Richard C. Grinold. The Journal of Portfolio Management Spring 1989, 15 (3) 30-37; https://doi.org/10.3905/jpm.1989.409211
3. Marktnischen für aktives Management. Marc-Andre Göricke and Jochen Kleeberg. Absolut Report 03/2020.
4.Der Datensatz umfasst das Large-Cap- und das Small-Cap-Universum für US-Aktien, globale EM-Aktien und europäische Aktien (letzte Aktualisierung der Daten im Mai 2020).